…hat sich Joachim Karbe 1986 gesagt, als er aufs Land nach Altkünkendorf gezogen ist. Eine bewusste Entscheidung. Nachdem seine Schwester mit Familie in den Westen geflüchtet war, hatte der Künstler aufgrund der fortwährenden Repressalien für die restliche Familie alle Funktionen fallen lassen und sich in die Uckermark zurückgezogen. Einen ähnlichen Rückzug beobachtet er nun wieder.

„Wenn man sich gegen die Entwicklung wehrt, wird man unter Druck gesetzt. Da werden den Leuten Illusionen gemacht, euch wird es besser gehen mit dem Tourismus. Es geht aber auch viel verloren. Eigentlich hatten wir ja hier alles. Jeder konnte sich mit seiner Hände Arbeit und aus dem Garten ernähren. Früher hatte das Dorf so eine ursprüngliche Magie. Das Dorffest war der Höhepunkt im Jahr. Da wurden Fußballspiele organisiert, der örtliche Bäcker hatte einen Stand, es gab eine Kegelbahn und die Menschen aus den Nachbardörfern kamen zum Feiern. Irgendwann war nichts mehr gut genug und da wollten viele nicht mehr mitmachen. Heute haben wir kein Dorffest mehr und die Leute ziehen sich ins Private zurück. Das ist eine erschreckende Entwicklung.

Streit um den Kirchturm

Die Streitigkeiten um den Kirchturm sind für mich symptomatisch. Da kommen die gleichen Handlungsweisen wie damals auf. Dann kommst du in eine Situation wie 1985. Dann verhältst du dich auch wieder so. Du sagst zwar nicht mehr: der ist bei der Stasi aber du sagst dann: der ist bei denen. Dann entsteht da Misstrauen, Furcht und Distanz. Und das ist ganz schlimm.

Man kann wirtschaftliche Interessen haben, man sollte ihnen aber nicht die Menschlichkeit und das nachbarschaftliche Miteinander opfern. Was bleibt, wenn man den wirtschaftlichen Interessen die Moral und den Glauben opfert? Der Wald und die Natur sind die unmittelbare Lebenssituation der Menschen und die Verbindung zur Region. Wenn das alles zu Mammon gemacht wird, was ist dann noch für die Menschen? Dann verlieren die alles. Die wehren sich und das ist gut so. Wenn es dann egal ist wo du lebst, dann ist die Identität weg und du wirst lethargisch. Man könnte da so viel machen, dass die Leute wieder mehr verwurzelt, wieder im Einklang sind. Mit der Land- und Forstwirtschaft und der Natur. Das verbaut man sich jetzt. Das Potenzial wird nicht erkannt. Da gehört eben eine gewisse Menschenfreundlichkeit dazu.

Ein Altar als Attraktion

Die Kirche hat zum Beispiel keinen Altar und da hat man mich vor einigen Jahren angesprochen. Ich habe früher für die katholische Kirche Altäre gemacht und Kirchen umgebaut. Daher hatte ich Erfahrung. Ich hatte dann die Idee mit den Menschen hier zusammen etwas zu machen. Mein Gedanke war: Der Altar wird sehr viele hundert Jahre stehen und die Leute sollen sich denken was sie der Nachwelt mit dem Altar sagen wollen. Was wollen sie der Zukunft mitgeben?

Der Denkmalschutz war dafür, von der Bevölkerung kam nichts. Das war dann wohl zu schwierig und so wurde das Thema „Bewahrung der Schöpfung” fest gelegt, Geld gesammelt und ein Wettbewerb ausgerufen. Der Altar als Attraktion. Bewahrung der Schöpfung ist ja eher modern. Ich glaube die Menschen hier haben etwas anderes im Kopf. Die normalen Leute sollten einen eigenen Bezug finden können. So etwas dauert aber. Dafür braucht man Geduld. Es gibt nicht mehr viel Gläubige, aber jeder Mensch kann in die Situation kommen wo er nicht weiter weiß. Da suchen die Leute einen Ort wo sie sich hinwenden können. Ich bin nicht beleidigt, weil ich es nicht machen kann. Ich wohne und arbeite hier und empfinde einfach diese Entfremdung. Ich bin Künstler und überlege genau wofür ich meine Zeit opfere. Ich könnte ja meine Werkstatt öffnen, aber ich will keine Touristenattraktion sein.