…sagt Axel Bartsch. Seit 1995 wohnt er mit seiner Frau Jutta in Altkünkendorf direkt neben der Kirche. Früher war es so ruhig, dass er sie fragen musste, ob sie nicht etwas aus der Stadt braucht, damit er mal unter Leute kommt. „Heute ist hier meistens Remmi Demmi,” sagt er resigniert. Seitdem der Kirchturm zum Aussichtsturm ausgebaut wurde ohne Umsetzung der in einer Mediation vereinbarten Ergebnisse haben die beiden den Glauben verloren, dass sich etwas bessert.

Ruhepol gesucht

„Wir haben einfach einen Ruhepol gesucht. Damals war das mit den Krediten so günstig, dass wir gesagt haben, wir ziehen aufs Dorf. Das war auch schön für die Kinder, die haben ganz schnell Freunde gefunden, manche bis heute. Damals gab es sogar richtige Dorffeste, es wurde vom Schützenverein ein Stand gebaut und ein Wildschwein gegrillt. Die Jungs haben sich extra Fußballschuhe geholt für das Turnier. Und dann auf einmal hörte das auf. Das ist schade.  

Unruhe gefunden

Dass sich das irgendwann mal so dreht und ich jetzt die Polizei holen muss wegen Lärm oder weil einer mal wieder meine Einfahrt zugeparkt hat, das hätte ich damals nie gedacht. Wir verstehen das nicht. Es gibt ja nicht mal einen Weg zum Grumsin. Das ist eine normale Straße. Da laufen die Leute kreuz und quer drauf rum und wenn man vorbei fährt, zeigen die einem den Vogel.

Aber nicht so

Tourismus ja, aber nicht so. Da wird überall groß angepriesen: Kommen Sie ins Naturschutzgebiet. Dann klingeln die Leute bei mir und fragen wo man denn hier was trinken kann. Am Anfang habe ich denen ne Stulle geschmiert und den Kindern was zu trinken gegeben. Jetzt sollen noch mehr Parkplätze kommen, dann wird es noch schlimmer. Die sollen doch besser alle nach Angermünde fahren. Da gibt es doch alles. Hier ist ja nicht ein bisschen Infrastruktur.

Versammlung mit Streitschlichter

Der Höhepunkt war die Sache mit dem Kirchturm. Es wurde immer mal gemunkelt der würde ausgebaut und dann plötzlich haben meine Patienten davon erzählt, dass er Aussichtsturm werden soll. Wir hätten lieber gehabt, dass das nicht kommt. Aber wir sind ja hier auf dem Dorf und da muss man sich einigen. Es hieß dann, es gibt ne Versammlung, da kommt extra ein Außenstehender, der das leiten soll. Wie son Schlichter. Der sollte dafür sorgen, dass die Leute sich nicht in die Haare kriegen. Das war auch nötig. Wo Einer vor allen Leuten gesagt hat: Wems nicht gefällt, der kann ja weg ziehen. Da hat nicht viel gefehlt.

Kirche soll Kirche bleiben

Leider ist dann nichts aus der Vereinbarung geworden. Das Ergebnis war ok, das hätten wir akzeptiert. Aber danach ging es noch monatelang hin und her und in der Zeit haben sie einfach fertig gebaut, obwohl die Kirchengemeinde das auch akzeptiert hätte mit den reduzierten Öffnungszeiten. Das ist nicht schön. Kirche soll Kirche bleiben. In Stralsund kann man zwar auch von oben runter gucken, aber das ist was anderes. Jetzt verdienen die Geld damit, dass die Leute uns auf den Hof gucken. Dass die Leute überhaupt Geld dafür zahlen. Die Landschaft sieht man doch auch von unten.

Wir sind 62 und haben fünf Kinder, 2 Mädchen und drei Jungs, und zehn Enkelkinder. Die können jetzt nicht mehr so einfach in den Pool, wenn da ständig Leute runter gucken. Es darf nicht fotografiert werden, heißt es immer. Das ist doch Quatsch. Wenn ich da auf dem Kirchturm bin, dann mache ich auch Fotos. Gerade deswegen weil man sich dann freut, dass man doch welche hat. Der Mensch ist einfach so.

Eine spezielle Gegend

Da kommen dann auch Erinnerungen hoch. Da ist ja ne spezielle Gegend hier. Nach meiner Auffassung gab es hier zu DDR Zeiten kein Zuzugsrecht. Das sollte aussterben, damit die Stasi alles hat. Wenn wir mit dem Krankenwagen nach Wolletz gekommen sind, dann stand da einer und da stand einer. Da konnte man nicht mal anhalten, wenn man mal ganz nötig pinkeln musste.

Wir wollen Ruhe

Wir wollen das alles nicht mehr, wir wollen Ruhe. 24 Stunden Schichtdient beim Rettungsdienst und die Krankheit und jahrelange Dialyse. Da will man einfach nicht mehr son Ärger. Das ist zu viel. Es wird geparkt kreuz und quer, das wir gar nicht mehr vor dem eigenen Grundstück parken können. Wir stellen unsere Autos jetzt auf den Hof.

Es heißt immer, der Tourismus ist auch gut für die Bewohner. Das ist doch Blödsinn. Man muss nur Usedom nehmen. Da gibt es richtige Urlaubsdörfer. Die wollen das. Die verdienen Geld damit. Aber was haben wir denn davon außer Ärger?”