sagt Ulrike Sperb. Ihr Großvater kaufte 1919 das ortsprägende Gut in Altkünkendorf und große Flächen Wald. Von den damals 300 Dorfbewohner arbeiteten die meisten für das Gut und im Forst. Karl Richtberg wurde 1945 enteignet und seine Nachkommen hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, bis sie die Höchstfläche Wald von 1000 Hektar zurück erwerben konnten. Die Ernennung des Grumsin zum Weltnaturerbe ohne Wissen der Eigentümer ist für Ulrike Sperb eine „große Ungerechtigkeit” und so kämpft sie bis heute, um das Erbe des Großvaters zu erhalten.

„Ich bin mit den Themen Jagd und Natur groß geworden und sehr dankbar dafür. Die Bedeutung des verlorenen Besitzes ist mir erst als Erwachsene richtig klar geworden. Bei uns lebte auch die ehemalige Gutssekretärin und ich habe als Kind manches Mal erlebt, wie mein Vater mit ihr in Erinnerungen an vergangene Zeiten schwelgte, was aber sehr schnell in Bitterkeit umschlagen konnte. Mein Vater ist in Altkünkendorf aufgewachsen und wie sein Vater war er zutiefst verletzt. Es war nicht ihre Lebensplanung, das Gut zu verlassen, sie wollten ihre Nachkommen dort aufwachsen sehen.

Als ich die Waldflächen erworben hatte, habe ich von Anfang an Wert darauf gelegt, die Bewirtschaftung in gute Hände von Fachleuten vor Ort zu geben. Erst an die staatlichen Stellen, und als die nicht mehr zuständig waren, habe ich sehr sorgsam nach neuer Betreuung ausgesucht.

Aus allen Wolken gefallen

Von den Plänen zur Ernennung zum Weltnaturerbe habe ich erst erfahren, als die Antragstellung schon sehr weit fortgeschritten war und bin aus allen Wolken gefallen. Keiner von uns Waldbesitzern ist vorher gefragt worden. Ich habe später sogar an die UNESCO geschrieben und die Antwort erhalten, dass man natürlich davon ausgegangen ist, dass die Eigentümer an den Plänen beteiligt wurden. Ich hätte dann erwartet, dass die Ernennung erneut geprüft wird. Aus meiner Sicht war das ein elementarer Fehler und keiner will die Verantwortung dafür übernehmen.

Komplizierte Lage

Seit zehn Jahren befinden wir uns nun in einer komplizierten Lage. Die Kernzone darf nicht betreten werden und die Besucher, die eigentlich das Weltnaturerbe sehen wollen, laufen über unseren Besitz. Gegen sanften Tourismus haben wir garnichts, aber die Menge ist einfach viel zu viel. Man hat den Eindruck ,niemand kümmert sich um die Folgen. Geschützt ist hier nichts. Wenn die Leute querfeldein laufen und die Vögel stören kümmert das Niemanden. Man findet Matratzen, Flaschen und Unmengen von Masken und Taschentüchern. Und das alles ohne jegliche Müllentsorgung.

Ungeklärte Fragen

Es gibt bis heute viele ungeklärte Fragen wie die erhöhte Verkehrssicherungspflicht für die Eigentümer durch den verstärkten Besucherverkehr und den Umgang mit Waldbrandgefahren. Das ließe sich trotz der Schwierigkeiten in einem vertrauensvollen regelmäßigen Austausch alles regeln. Ein solcher Austausch findet aber bis heute nicht statt, das wird zwar immer wieder öffentlich so kommuniziert, aber das stimmt nicht. Wir haben viele konstruktive Vorschläge gemacht und sind letztlich sogar aus dem Beirat geworfen worden. Zur 10-Jahresfeier ist kein Waldbesitzer eingeladen worden.

Erhalten und gestalten

Ich bin nicht Jemand, der das Maximum an Geld aus dem Wald schlagen will. Ich will den Wald auch im Sinne meines Großvaters für die heutigen Bewohner des Dorfes, das ihm so wertvoll war, erhalten. Das ist mir ganz wichtig und nicht nur so daher gesprochen. Natürlich mache ich mir ganz viele Gedanken darüber, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften. Besucher bewundern ihn immer und wenn ich ihnen dann die Kernzone zeige sagen sie: Das sieht ja furchtbar aus. Ich werde jedenfalls alles daran setzen diesen Besitz in all seiner Pracht für Enkel und Urenkel zu erhalten und auch die Natur mitzugestalten im positiven Sinne.”

……………………….

Karl Richtberg erwarb das Gut in Altkünkendorf 1919. Er hatte neben der Landwirtschaft besonderes Interesse an der Bewirtschaftung der Wälder und der Jagd. Von den damals 300 Dorfbewohner arbeiteten die meisten für das Gut und im Forst, so gab es beispielsweise Melkermeister, Schweinemeister, Schäfermeister, Stellmacher, Gutsschmied, Aufseher, Kutscher, Gespannführer und Revierförster. Zum Gut gehörte auch eine große Gärtnerei. Richtberg beteiligte sich am Ausbau von Straße und Kirche sowie mehrerer Häuser für seine Angestellten. Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges verließ er sein Gut aufgrund des Befehls der totalen Räumung. Am 22. Juni 1945 wurde die Beschlagnahmung des Gutes verfügt, im Herbst wurde Karl Richtberg enteignet, obwohl er dagegen protestierte und nachweisen konnte, sich niemals faschistisch betätigt zu haben. Der Besitz wurde an 60 Neubauern verteilt.

Karl Richtberg war weiterhin forstwirtschaftlich tätig und Anteilseigner oder alleiniger Inhaber mehrerer holzverarbeitender Unternehmen. 1952 wurde ihm das Bundesverdienskreuz verliehen. Karl Richtberg starb 1956 und hinterließ seine Frau und zwei Söhne Wilhelm und Karl-Erhard Richtberg. Keiner von Ihnen hat den Gutshof jemals wieder gesehen. Karl Erhard Richtberg verstarb 1982 und hinterließ seine Frau und Tochter Ulrike Sperb sowie Karl Alexander Richtberg. Dieser stellte nach der Wende im Namen des Großvaters einen Antrag auf Rückkauf. Nach seinem Umfalltod 1992 wurde die maximal mögliche Kauffläche von 1000 Hektar unter dem Familienzweig der beiden Söhne von Karl Richtberg hälftig aufgeteilt. Der Anteil von Ulrike Sperb befindet sich zu einem großen Teil in der Pufferzone des Welterbes. Sie wohnt in München und kommt wie auch ihr Großcousin Sven Dirk Richtberg mehrmals im Jahr zur Jagd und Bewirtschaftung des Waldes in die Uckermark.